Alles endet aber nie die Musik 🎵

Ende
Alles endet. Und ich möchte mit dem Ende beginnen. Ich gebe meine zwei bisherigen Newsletter auf, um einen neuen zu starten. Und um meine Website von Grund auf neu zu starten.
Anfang
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, dichtet Hermann Hesse; Schumpeter spricht von schöpferischer Zerstörung. Peter Fox singt einfach alles neu und Casper rappt: Alles endet aber nie die Musik.
Urinstinkt Musik
Warum ist Musik so essentiell für uns? Warum gibt sie uns Kraft und kann beim Sport motivieren, die schweren Gewichte zu stemmen, noch einen zusätzlichen Klimmzug zu machen oder einen weiteren Kilometer zu laufen? Warum rühren uns melancholische Songs zu Tränen und lindern dennoch Schmerzen und Trauer?
Und warum ist Musik so universell, so tief in uns Menschen verankert wie ein Urinstinkt.
Im Buch “Why Do People Sing” schreibt der Musikethnologe Joseph Jordania: Musik hat den Menschen geholfen zu überleben.
Nicht nur im übertragenen Sinne, so wie wir heute vielleicht antworten würden, wenn uns bestimmte Songs von Künstlern über eine schwere Zeit hinweg geholfen haben; nach dem Motto: “Ohne deine Songs (hier beliebigen Künstler einfügen) hätte ich diese Zeit nie überstanden!”
Sondern ganz konkret: Menschen nutzten Musik, um nicht getötet zu werden.
Evolution durch Musik
Jordania findet erstaunliche Zusammenhänge und entwickelt eine faszinierende Theorie: Menschen entwickelten Gesang und Rhythmus, um zu überleben und legten damit zudem den Grundstein für außerordentliche evolutionäre Errungenschaften, wie das Bestatten von Toten und Sprache.
Wenn das mal nicht ein großes “Thank You For The Music” ist!?
Die menschliche Physiologie sei nicht dazu geeignet, Raubtiere zu jagen oder uns gegen sie zu verteidigen. Wir haben keine scharfen Reißzähne, Krallen oder eine gepanzerte, ja, nicht einmal harte Haut. Wir sind keine schnellen Sprinter oder können Feinde bereits hunderte Meter entfernt riechen.
Menschen besitzen keine Tarnung wie gestreifte Tiger und auch keine Warnfärbung wie viele Insekten, die Fressfeinden mit ihrer Farbe signalisieren, dass sie wehrhaft oder ungenießbar sind. Menschen gehen auf zwei Beinen - in der Savanne ist das sehr exponiert, über alle Gräser hinweg für potentielle Feinde sichtbar zu sein.
Wenn wir weit zurück gehen in der menschlichen Evolution, dann waren wir keine Spezies, die als Affen vom Baum kletterten, uns sofort in Gruppen organisierten um als Menschen mit Steinen und Speeren auf die Jagd zu gehen. Da müssten einige Jahrtausende, wenn nicht Millionen Jahre menschlicher Evolution dazwischen liegen.
Wie kommt es also, dass wir als werdende Menschen nicht von stärkeren Tieren gefressen oder zurück auf die Bäume gejagt wurden?
Singende Lebewesen
Jordania beschreibt, dass es tausende singende Arten gibt, hauptsächlich Vögel, aber auch Gibbons, Delfine und Wale. Alle singen im Wasser oder auf Bäumen. Wenn ein Vogel auf dem Boden landet, hört er auf zu singen.
Der Mensch ist das einzige Land-Lebewesen, das singt. Und von allen singenden Geschöpfen sind Menschen die einzigen, die Rhythmus verwenden.
Wenn wir singen, tanzen wir fast immer, auch wenn es nur ein Nicken oder ein Wippen mit dem Fuß ist. Sowohl das Singen als auch das Tanzen sind Gruppenaktivitäten, die auf der ganzen Welt in Ritualen zur Stammesbindung verwendet werden.
Einer der bekanntesten Stammestänze ist der Haka - ein ritueller Tanz der Māori, der ganz gut darstellt, was Jordania meint: Die Tänzer:innen stoßen Laute aus, singen und schnauben, stampfen auf dem Boden und schneiden Grimassen. Dynamisch, kraftvoll und für Gegner sicherlich einschüchternd.
Man stelle sich vor, der Gegner wäre ein Löwe, oder sogar ein Rudel Löwinnen. Einzeln hätte keine Haka-Tänzer:in eine Chance gegen die Großkatzen. Doch als laute, gefährlich dreinschauende und synchron agierende Einheit ist der menschliche Stamm furchteinflößend und übermächtig.
Hinzu kommt Jordanias Theorie des “Battle Trance”. Ein Zustand, der mit dem gemeinschaftlichen Tanz einhergeht und das Individuum mit dem Kollektiv verschmelzen lässt. Frei von Angst, resistent gegen Schmerzempfinden.
Lose Yourself In The Music
Musik lässt den Menschen Bewusstseinszustände erreichen, die scheinbar übermenschliche Stärke verleihen.
Rhythmus und Gesang sind deshalb eine entscheidende Stufe der Menschwerdung.
Neben dem fast banalen persönlichen Musikgeschmack, neben allen musikalischen Genres, ist das “Music Makes The People Come Together” nicht nur ein nettes Beisammensein, sondern auch ein dickes “Can I Kick It”, das die Fressfeinde vertreibt und uns zu Menschen werden lässt.
Music is larger than life
Wenn du also bei der nächsten Musik-Diskussion die große, evolutionäre Keule rausholen möchtest, kannst du den Musikethnologen Joseph Jordania zitieren - oder einfach die Backstreet Boys, denn Musik ist eindeutig überlebenswichtig und “Larger Than Life”.